Hoch zu Ross eroberten Männer einst ganze Landstriche und die Weiber dazu.
Eben noch war das Pferd das Heldentier von Eroberern, Königen und Beduinenfürsten, der Stolz tapferer Kavalleristen oder waghalsiger Indianerhäuptlinge – und nun?
Steht es verzärtelt in Deutschlands Ställen, wird von Mädchenhand gestriegelt, gebürstet und shampooniert.
Heute sind Pferde und Reiterei eine weibliche Domäne.
Harald Euler
Alexander der Große hatte Bucephalos, Napoleon seinen Schimmel Marengo - als mit dem Pferd noch Kriege gewonnen wurden, war es ein
Männertier. Auch bei der Feldarbeit hatten Männer den engsten Kontakt zu ihm. Heute gibt es nur noch im Spitzensport viele reitende Männer. In den Ställen sieht man meist Frauen und in den
Reitschulen gibt es schon seit Jahren kaum noch männlichen Nachwuchs. Fast 90 Prozent der Pferdefreunde sind weiblich. "Warum?", fragt sich nicht nur immer wieder die "Deutsche Reiterliche
Vereinigung".
Eben noch war es das Heldentier von Eroberern, Königen und Be- duinenfürsten, der Stolz tapfe- rer Kavalleristen oder waghalsi- ger Indianerhäuptlinge – und nun? Steht es verzärtelt in
Deutschlands Ställen, wird von Mädchenhand gestrie- gelt, gebürstet und shampooniert, „Püppchen“ genannt oder „Häschen“.
Das Pferd ist dabei, Mädchenkram zu werden. Und die Reiterei ist in Gefahr.
Was geblieben ist, ist die Sehnsucht des Menschen nach Natur. Und die erfüllen sich Mädchen und Frauen mit und auf dem Pferd. Bei Ausritten träumen sie davon, das enge städtische Heim zu
verlassen, mit anmutiger Bewegung die Natur zu genießen, fremde Lebensweisen und Menschen kennen zu lernen, vielleicht sogar einen Prinz. Und wenn sie sich um das geliebte Pferd kümmern, geben
sie ihrem Bedürfnis nach, sich um anderes Leben zu kümmern. Frauen drücken ihre Zuneigung, viel mehr als Männer, durch Berüh- rung aus, und Pferde haben ein warmes, weiches, seidiges Fell.
Frauen wollen mit dem geliebten Partner, wiederum mehr als Männer, ausgiebig reden, und das Pferd ist ein geduldiger Zuhörer. Zudem ist Reiten ist eine angesehene Sportart; die Mädchen reiten
sozusagen in höhere Schichten hinein.
Und schließlich sind und waren Frauen niemals bloß passive, duldsame Geschöpfe. Väter, Ehemänner, Kinder und Moralinstanzen mögen ihre Freiheitswünsche eingeschränkt haben, aber
ausgelöscht wurden diese Wünsche nicht, weil sie Teil der menschlichen Natur sind. Auf dem Pferd kann die Frau in die eigenen Hände nehmen.
Harald Euler